Guerilla Marketing als Instrument im Abstimmungskampf

Guerilla Marketing als Begriff ist nicht neu, als Erscheinung in schweizerischen Abstimmungskämpfen wurde er bisher jedoch wenig verwendet. Aktivitäten der Jungen SVP gegen die Personenfreizügigkeit können unter diesem Label analysiert werden. Eine kleine Auslegeordnung.



Begriffsdefinitionen

Guerilla-Marketing ist die Kunst, den von Werbung übersättigten Konsumenten, grösstmögliche Aufmerksamkeit durch unkonventionelles bzw. originelles Marketing zu entlocken. Das gibt der deutsche Werbeprofi Thorsten Schulte (“Guerilla Marketing Portal”) als Definition des Phänomens. Er hält aber auch fest: Eine abschliessende Umschreibung eines sich rasch entwickelnden Trends gibt das nicht. “Anregungen, Ideen, kritische Kommentare und zukunftsweisende Optimierungen sind ausdrücklich erwünscht.”

Entstanden ist das Guerilla Marketing aus aus der Werbemüdigkeit heraus, die man seit einiger Zeit immer wieder beklagt. Das hat teilweise zu kleineren Budgets geführt und zu einem verschärften Kampf um Aufmerksamkeit. Thorsten Schulte versteht Guerilla Marketing denn auch als “übergreifende Philosophie, als Kunst, als das Ergebnis eines kreativen psychischen Prozesses, als die Strategie der Kriegsführung um die Aufmerksamkeit der Kunden, für die Marke und gegen die Wettbewerber. (…) Die Aktion und das “Handeln” erfolgt durch den physischen Einsatz unterschiedlicher Instrumente wie Ambient Medien, Ambush-Marketing, Viral-Marketing oder Guerilla Sensation / Ambient Stunts.”

Beispiel der Jungen SVP gegen die Personenfreizügigkeit
Nimmt man diese Grundhaltung auf, kann man die Aktionen von Lukas Reimann, SVP-Nationalrat aus St. Gallen, als Guerilla Marketing verstehen. Wenn die drei federführenden BundesrätInnen zur Medienkonferenz aufrufen, mischte er sich auf dem Weg dorthin persönlich unter die Regierungsmitglieder, um die Botschaften der Gegnerschaft zu plazieren. Selbstredend ist eine Gratiszeitung dabei, auch ein Videoteam, das die Aktion in die Massenmedien bringt und im Internet festhält.

Die neueste Aktion, der Fake der Website der Jungparteien für die Personenfreizügigkeit, hat einen lockeren Bezug zum Guerilla Marketing. Doch auch hier geht es nur darum, den Kampf mit allen Möglichen Mitteln um Aufmerksamkeit zu gewinnen. Die Aktion ist die Botschaft selber. Die Verhöhnung der Gegner ist das Ziel, nicht die Diskussion mit ihm.

Je klarer und prominenter der Regelverstoss dabei ist, desto grösser sind die Chancen, dass die Aktion selber in die Kampagnendiskussion aufgenommen wird. Deshalb ist sie nicht einfach eine Jahresendidee einer Werbebude. Vielmehr steht ein Nationalrat gerade. Denn genau das zieht den Medienfocus an.

Eine Eigenheit von SVP-Kampagnen sei noch angefügt. Wer als Reaktion auf die Guerilla Aktion mit Klagen droht, wird gleich als Zensor verschrien. Obwohl es um Argumente gehe, meint Reimann. Zynismus pur, sage ich da!

Claude Longchamp

Der Beitrag von 10vor10 zum Guerilla Marketing der SVP