Wohin sich politische Blogs in der Schweiz entwickeln könnten

Die Bloggerszene der Schweiz ist nicht gross. Die politische ist noch kleiner. Dabei dominiert der Typ des kommunikativen Lokalpolitikers, der attackiert, kommentiert oder kontempliert (wie diesen). Darüber hinaus gibt es einige politische Fachblogs (wie diesen). Bisher selten sind aber spezialisierte Reports, die gezielt die politische Berichterstattung bedienen, um auf sie Einfluss zu nehmen (wie ansatzweise diesen).

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Differenzierung hin zu spezifischen Dienstleistungen statt Sammelsurrium zu allem und jedem ist der Trend in den US-amerikanischen Politblogs

Die US-amerikanischen Wahlen 2010 machten es deutlich. Hochspezialisierte politische Reports, die wöchentlich oder täglich aktualisiert werden, sind – nebst Parteien, KandidatInnen und Medien – zu eigenständigen Treibern der Wahlberichterstattung geworden.

Betrieben werden sie von politischen Analysten, die nicht warten, bis Medien sie anfragen, sondern ihre eigene Agenda verfolgen. Sie verarbeiten meist eigene und fremde Datenquellen, beschreiben Zustände, analysieren Trends, und sie erstellen Prognosen, was man alles als Newsletter auch abonnieren kann. Parteien stellen auf sie ab, aber auch Massenmedien konsultieren sie, und in der politischen Blogosphäre sind sie eigentliche Gurus.

Charles E. Cook gehört zu ihnen. Er gehört seit 12 Jahren zum Netzwerk “National Journal Group”, berät NBC News, hat verschiedene Kolumnen und ist Zuträger zu Think Tanks. Die New York Times kennzeichnet seine Dienste als “…a newsletter that both parties regard as authoritative”, während die Washington Post Cook “perhaps the best non-partisan tracker of Congressional races”.

Weitere Grössen im Geschäft sind beispielsweise die Politikwissenschafter Larry J. Sabato, Stuart Rothenberg. Dazu zählen auch der Demoskopie-Kenner Nate Silver, der für die New York Times analysiert, und der anonyme Votemaster, der die Seite electoral vote betreibt, die sich darauf spezialisiert hat, alle Umfragen in den einzelnen Bundesstaaten der USA zu dokumentieren und zu bewerten. Seine Dienste werden während amerikanischen Wahlkämpfen bis zu einer Million mal täglich abgerufen. Sie dienten beispielsweise auch der Schweizer Presse als wichtigste Referenz bei der Präsidentschaftswahl 2008.

Sie alle zeichnet aus, dass sie nicht in erster Linie nach dem Motto bloggen, “ich bin ein politisch denkender Menschen, und so bringe ich mich hier ein”. Sie sind professionelle Dienstleistungen von absoluten Spezialisten, die das Medium Blog verwenden, um aktuell, rasch und einflussreich politisch Interessierte zu bedienen.

Man kann gespannt sein, ob die Schweizer Wahlen in einem Jahr einen solchen Typ von Blog und Bloggern auch bei uns hervorbringen wird.

Claude Longchamp