NZZ kontert Tamedia

Zuerst war Kurt Imhof mit seiner Diagnose zur niedergehenden Qualität der Schweizer Medien. Dann reagiert Pietro Supino, einer der Kritisierten, im Namen des VRs der Tamedia und verteidigte Gratis- und Online-Medien. Und jetzt kontert die NZZ die Konkurrenz von der Zürcher Werdstrasse, um die Sorgen der Qualitätspresse aufzuzeigen.

rainer stadler nzz

NZZ-Redaktor Rainer Stadler ist Träger des Zürcher Journalistenpreises. In der heutigen NZZ geht er der Entwicklung der Hintergrundsinformationen nach. Denn was mit der digitalen Revolution wachse, sei nur die Unterhaltung. Insofern herrsche Scheinvielfalt. Zitiert werden hierfür der Arbeiten Medienforschers René Grossenbacher: Es werde oft nur nachgeplappert, was Fachleute aus den PR-Abteilungen vorgekaut hätten. Das führe zur Reproduktion des Immergleichen, der Ausformung einer «Mainstream-Themenagenda».

In das Hohelied der wachsende Recherchemöglichkeiten mag Stadler gar nicht einstimmen. Denn der Zeitdruck verhinderte oftmals schon das elementare Nachfragen. Genau so gewinne der PR-Journalismus Ueberhand. Die PR-Abteilungen von Unternehmen und Staat müssten ausgebaut werden, um in der Öffentlichkeit ein Minimum an Informationssicherheit zu gewährleisten, weil die Ressourcen der einzelnen Medientitel auf schon geringem Niveau immer noch schrumpfen würden.

Deshalb bezweifelt die Stimme auf der Medienarbeit, dass Bildung durch Medien vermittelt werde, mit selten geäusserter Deutlichkeit. “Diese Verdienste muss man vielmehr unserem Bildungssystem zuschreiben.” Ein Strukturwandel, wie ihn die Medienbranche derzeit durchlebe, erzeugt unweigerlich Schocks, Irritationen und Frustrationen. Die Aufgabe von Verlegern sei es, die Medienhäuser wieder auf eine langfristig tragfähige Basis bringen – ein unbestritten anspruchsvoller Job.

Stadler sieht es ähnlich wie Kurt Imhof. Im Kern geht es um die Ressoucenfrage. Diese sind gerade in der Medienbranchen aus verschiedenen Gründen knapp geworden. Das drückt auf verschiedene Arten auf die Qualität der Medieninhalte, denn sie seien gezwungen, Fremdleistungen, die nicht nach journalistischen Kriterien produziert worden sind, zu übernehmen. Eigenleistungen wieder basieren immer weniger auf eigener Recherche, Kombination und Darstellung, immer mehr auf Âbdrucken des Immergleichen. Damit nimmt die Introversion der Medien als System zu. Dies anstatt die ihnen gebührende Vermittlungsleistungen im pluralistischen Verbund zu gewährleisten, wie es die meisten Demokratietheorien für nötig erachten.

Claude Longchamp