Wien: SPOe verlierte absolute Mehrheit – FPOe gewinnt dank Migrationsfrage

In Wien verliert die SPOe bei den heutigen Wahlen die absolute Mehrheit, bliebt aber stärkste Partei. Wahlsiegerin ist die FPOe, die neu die zweitstärkste Partei ist, gefolgt von der OeVP und den Grünen, die beide Anteile einbüssen.

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“Blaues Wunder für die SPOe”: Wahlsieger Heinz-Christian Strache (rechts) bedrängt Bürgermeister Michael Häupl (SPOe). Bild: Der Standard

Hier das vorläufige Endergebnis gemäss Standard online: SPÖ: 44,2 Prozent, FPÖ: 27,0, ÖVP: 13,3, Grüne: 12,2, BZÖ: 1,4, KPÖ: 1,2. Bei der Sitzverteilung rechnet man mit 49 Sitzen für die SPOe, 6 weniger als zuvor und 2 unter der absoluten Mehrheit, die sie historisch inne gehabt hat. Mandate verlieren auch die OeVP (-5) und die Grünen (-4), derweil die FPOe auf 28 Sitzen kommen dürfte, 15 mehr als bisher. Vordergründig sank die Wahlbeteiligung, doch sind die WahlkarterwählerInnen noch nicht erfasst. Man rechnet damit, dass die Wahlbeteiligung schlussendlich höher liegen wird als vier Jahre zuvor.

In einer ersten Stellungnahme kündigte Bürgermeister Michael Häupl an, mit allen Parteien Gesprächen zu führen. Eine Koalition mit der siegreichen FPOe schlug er aber aus, solange er im Amt sei.

Die Wählerstromanalyse von SORA erhellt die Zusammenhänge der Verändeurngen. Die generelle Polarisierung fand demnach zwischen FPOe und Grünen statt, was ihre jeweilige Attraktivität für Neuwählende und frühere Nichtwählende erhöhte. SPOe und OeVP konnten davon nicht profitieren, sie verloren unzufriedene WählerInnen an die FPOe. Die Grünen wiederum kennen eine negative Bilanz zur SPOe, sodass auch sie letztlich verloren.

Aufgrund der Wahltagsbefragung haben Mehrheiten der FPOe diese Partei wegen ihrer Themenarbeit gewählt, insbesondere in der Migrationspolitik. Hinzu kommt, dass man hier stark motiviert war, die Mehrheit der SPOe zu brechen. Deren WählerInnen wollten ihren Bürgermeister Häupl stützen, die Mehrheit bewahren, denn sie waren mit der geleisteten Arbeit zufrieden. Die OeVP Wahl wird mit Interessenvertretung begründet, namentlich in der Wirtschaftspolitik. Bei den Grünen ist dies die Umweltpolitiik, ergänzt durch die breit getragene Abgrenzung gegenüber der FPOe. Die SPOe ist am stärksten bei den Gemeindeangestellten, die FPOe bei den Arbeitern, die OeVP bei den Selbständigen und die Grünen bei Menschen in Ausbildung.

Die WählerInnen jeder Partei möchten nun in die Regierung eingebunden werden. Bei der SPOe optiert eine relative Mehrheit für die Grünen, in der Wählerschaft insgesamt gibt man einer rot-schwarzen Regierung knapp den Vorzug. So oder so: Die FPOe hat mit der Migrationsfrage gepunktet, rote und schwarze Unzufriedene angezogen und mit ihrem Wahlkampf mobilisiert, sodass sie nun gestärkt im Stadtparlament antreten kann – ohne wirkliche Aussichten zu haben, in Wiens Stadtregierung mitregieren zu können.

Claude Longchamp