Der Rat an die Vereinigte Zauberlehrlingsversammlung

Im Wochenrückblick bereitet Politologe und NZZ-Redaktor Martin Senti die Rückkehr der SVP mit zwei Sitzen im Bundesrat vor – und nennt die zentrale Bedingung hierfür, wie ich sie hier schon mehrfach skizziert habe.

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Martin Senti, Lehrbeauftragter für politische Parteien an der Uni Zürich und NZZ-Redaktor skizziert einen Weg zurück zur Konkordanz

Die Analyse von Martin Senti beginnt mit einem Paukenschlag: “Trotz gerechtfertigtem Anspruch der SVP auf zwei Sitze im Bundesrat hat die Mehrheit der Vereinigten Bundesversammlung 2003 rückblickend einen Fehler begangen, als sie sich sang- und klanglos dem Diktat der SVP gebeugt und ausgerechnet den erklärten Konkordanz-Skeptiker Christoph Blocher (“geteilte Verantwortung ist keine Verantwortung”) in den Bundesrat gewählt hat.” Seither gäbe es einen Domino-Effekt, bei dem Fehler über Fehler begangen werde, sodass die Disparität der Kräfte zwischen Regierung und Parlament heute eklatanter sind als vor 2003.

Immerhin, Senti ortet nach den Bundesratswahlen von 2009 und 2010 eine neue Kraft im Parlament, mit der eine Normalisierung der Verhältnisse im Bundesrat in Reichweite gelange. Konkret geht es um den nachstehenden Deal: Die Bundesversammlung transferiert den BDP-Sitz im Bundesrat 2011 an die SVP zurück – und die SVP akzeptiert, dass das Wahlgremium auf einer echten Wahlfreiheit mit einerm Zweier-Ticket (ohne den abgewählten Blocher) bestehe.

Konkordanz, formuliert der Kommentator, sei die “Einbindung relevanter Kräfte zwecks dauerhafter Machtabsicherung”. Dies basiere auf Pakten zwischen Parteien, weche keine politische Liebesbeziehungen, sondern eine funktionale Notwendigkeit im Konkordanzsystem seien. Den Fusionsabsichten zwischen CVP und BDP erteilt er deshalb eine Absage. Besser wäre es seiner Meinung nach, die Achse zwischen FDP und SP um die SVP zu erweitern.

Warten auf Eveline Widmer-Schlumpfs Entscheidung über Verbleib oder Rücktritt mag Martin Senit nicht wirklich. Er verabschiedet sie “als furchtlose Dompteurin einer Blocher- SVP, die im Siegesrausch die Grenzen des Konkordanz-Verträglichen wiederholt überrschritten habe”. Vielmehr empfiehlt er der “Vereinigten Zauberlehrlings-Versammlung” im Bundeshaus vorauszugehen und zu einer dauerhaften Regierungsformel zurückfinden.

In einem Punkt weicht der Politberater den (mindestens vorläufigen) Realitäten indessen aus: SVP und FDP hätten in seinem Modell die Mehrheit in der Regierung; SP, CVP und Grüne aber die in der Bundesversammlung; schon einmal wurde davon Gebrauch gemacht, weshalb ich sage: Das wird noch zu vermitteln geben!

Claude Longchamp