Theorie und Praxis der Wahlforschung

Morgen startet meine Vorlesung an der Uni Zürich zur “Wahlforschung in Theorie und Praxis”. Mit einem Anschauungsbeispiel aus der Praxis – und einer Reflexion, was wir eigentlich über Bundesratswahlen wissen (können).

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Kann man geheimen Wahlen das Geheimnis der Entscheidungen entlocken? Einer der Herausforderungen der Wahlforschung

Den Startschuss gebe ich aus aktuellem Anlass mit einer Instant-Analyse der Bundesratswahlen von gestern. Was ist geschehen? Was weiss kann man wissen, wer wen gewählt hat? Was kann man an Motiven annehmen, und was als Folgen unterstellen?

Anhand dieser Fragen soll diskutiert werden, was die Unterschiede zwischen normativer und empirischer Wahlforschung ist, welche Aussagen Positivisten und Pragmatiker in der Forschung zulassen, und wie sich die Anwendungs- und die Grundlagenforschung unterscheiden.

Das wird uns die Stichworte liefern, um die Wahlen von gestern auch unter zwei übergeordneten Themenstellung diskutieren zu können: Ist die erstmalige Frauenmehrheit im Bundesrat ein Trend oder eine vorübergehender Ausschlag? Und welche Form von Konkordanz haben wir heute eigentlich?

Uebersicht über die Themen
24.09.2010 Einführungsbeispiel/Wissenschaftstheorie                          
01.10.2010 Analyse von Parteiensystemen
08.10.2010 Der Rational-Choice Ansatz in der Wahlforschung
15.10.2010 Der sozial-psychologische Ansatz in der Wahlforschung
22.10.2010 Wahlen in der Mediengesellschaft 
29.10.2010 Nachanalysen der Nationalratswahlen Schweiz: die selects-Studien
05.11.2010 Voranalysen der Nationalrastwahlen Schweiz: die Wahlbarometer-Studien
12.11.2010 Politische Partizipationsforschung und Wahlanalysen
19.11.2010 Fallbeispiel Abstimmungsforschung: EU-Abstimmungen 1992-2006
26.11.2010 Voranalysen Abstimmungen Schweiz: SRG-Trend-Befragung zur den Volksasbstimmungen vom 28. November 2010
03.12.2010 Nachanalysen Abstimmungen Schweiz: Vox-analysen zur Volksabstimmungen
10.12.2010 Fragestunde/Repetition
17.12.2010 Prüfung

Generell lehnt sich die Vorlesung während des ganzen Herbstsemesters im Aufbau an jene im letzten Herbstsemester an. Im Zentrum steht die Analyse von Wahlen, die Erklärung, warum es Parteien gibt, was ihre Aufgaben sind, wie Wahlkämpfe in der Mediengesellschaft funktionieren, ob Wählende eher rational oder emotional entscheiden, und was man mit all dem Wissen machen, wenn man Wahlergebnisse analysiert oder Wahlvorbereitungen trifft. Thematisch wurde die Vorlesung gegenüber dem Vorjahr etwas gekämt, aber auch erweitert: Neu wird es auch eine Veranstaltung zur politischen Partizipation geben, und die Abstimmungsforschung wird systematischer als bisher berücksichtigt werden.

Ich freue mich, auf die riesige Herausforderung, ein hoffentlich gut besuchte Veranstaltung zu haben, die angehenden PolitologInnen etwas Spannendes und Bleibendes mit auf ihren Weg durchs Studium und darüber hinaus gibt. Denn die Vorlesung heisst “Wahlforschung in Theorie und Praxis”.

Claude Longchamp